S O P H I E L I C H T E N B E R G SZENOGRAFIE
Das 2 OG in der Alten Münze Berlin zeigt die bespielte Rauminstallation „Preenacting Reenactments“ der Künstlerinnen Lea Langenfelder und Sophie Lichtenberg. Zwischen Paradeuniform und Krisengebiet, zwischen Heldentum und Kampfeinsatz, zwischen Immersion und Wirklichkeit liegt Hammelburg – das Vereinte Nationen Ausbildungszentrum der Bundeswehr.
Willkommen in Hammelburg, willkommen in der Simulation, willkommen in einer Fabrik der Fiktion – deiner Realität.
Auf 200 Quadratmetern entstand eine von drei PerformerInnen bespielte Rauminstallation, die Macht- und Wirkmechanismen simulierter Erfahrungen hinterfragt. „Preenacting Reenactments“ interpretiert das militärische Übungsgelände als Fiktionsfabrik und untersucht die Möglichkeit, aus konstruierten Erfahrungswerten Erkenntnisse für die Wirklichkeit abzuleiten. Militärs als Darsteller, leerstehende Gebäude als Kulisse oder gar Statisterie: Die Inszenierung auf dem Truppenübungsplatz ist von opernhafter Opulenz. Doch wird dieser artifiziellen Wirklichkeit ausreichend Macht zu eigen, um die Realität zu beeinflussen? Und kann ein Kunstprojekt, das die gewohnten Grenzen zwischen Darstellenden und Zusehenden auflöst, vergleichbaren Einfluss entwickeln? Die Künstlerinnen haben ein von der Bundeswehr ausgerichtetes Training begleitet, das JournalistInnen auf die Arbeit in Krisengebieten vorbereiten soll. Der Lehrgang zeichnet sich durch seine Methodik aus: SoldatInnen simulieren für ihre TeilnehmerInnen interaktive Kriegs- und Krisenszenarien. Die Bundeswehr setzt damit auf Wissensgenerierung durch Erfahrung. „Preenacting Reenactments“ basiert auf einer neunmonatigen Recherche, die Langenfelder und Lichtenberg auf ihrem Forschungsblog dokumentieren. Langenfelder und Lichtenberg reflektieren in ihrer künstlerisch kommentierenden Ausstellung Macht und Wirkmechanismen inszenierter Erfahrungen und immersiver Formate. Zudem entstand ein Arbeitsbuch, das weitere Rezeptionsebenen zur Ausstellung eröffnet und geführte Interviews sowie philosophisch wissenschaftliche Assoziationen dokumentiert und anstößt.
PREENACTING REENACTMENTS
Foto: Sebastian Heck
Das Projekt „Preenacting Reenactments“ untersucht die Wirkmechanismen der Immersion im nicht-künstlerischen Kontext der Bundeswehr. Es befragt die Simulationen auf ihren genauen Entstehungskontext: Wer sind die beteiligten Akteur:innen, wie werden die Übungen organisiert, und wo liegen ihre Grenzen? Darüber hinaus untersucht „Preenacting Reenactments“ die Macht der Fiktion: Beeinflussen immersive Trainingsformate, die sich als Spiele mit starkem Wirklichkeitsbezug präsentieren, die Realität? Können Simulationen im nicht-künstlerischen Kontext als Vorboten einer nahen Realität begriffen werden, die sich erst durch das Durchspielen in immersiven Trainingsformaten zur kalkulierbaren Möglichkeit der Zukunft erhebt?
Den Fokus zur Auseinandersetzung mit diesem durchaus weiten Fragenkomplex setzt „Preenacting Reenactments“ speziell auf das Training für Journalist:innen. Die Berichterstatter:innen kommen im Zuge ihrer Ausbildung in Hammelburg häufig zum ersten Mal mit der Bundeswehr und einem nicht-medialen Bild von Krieg in Berührung, was der Frage nach der Macht der Immersion eine besondere Relevanz verleiht: Beeinflusst die Inszenierung des VN-Ausbildungszentrums die Kriegs- und Krisenwahrnehmung einzelner JournalistInnen und wenn ja, in welchem Ausmaß? Sind immersive Formate, ob ihres empathischen Potenzials, vielleicht ein besonders geeignetes Mittel, um Wissen über Krise und Krieg zu vermitteln, um Mitgefühl in Menschen zu wecken?
Diesen vielschichtigen Fragenkomplex hat „Preenacting Reenactments“ in achtzehn Interviews umkreist: Gesprächspartner waren unter anderem Soldat:innen in darstellender Funktion, Mitarbeiter*innen des VN-Ausbildungszentrums Hammelburg, ein Mitarbeiter des Bundesministeriums für Verteidigung, Journalist:innen, Medienschaffende und Künstler:innen. Einzelne Interviewausschnitte wurden auf einem Projektblog in einen interdisziplinären Dialog mit Positionen aus Philosophie und
Wissenschaft gesetzt. Die ausführliche Projektrecherche beinhaltete außerdem einen Besuch im VN-Ausbildungszentrum, in dessen Zuge das Training für Journalist:innen begleitet wurde. Das daraus entstandene Arbeitsbuch dokumentiert die gesamte Recherche zu „Preenacting Reenactments“, ergänzt sie um künstlerische Texte der Autorin Lea Langenfelder und kann zudem als ein weiterer Teil der Ausstellung betrachtet werden.
PREENACTING REENACTMENTS (PUBLIKATION)
Lea Langenfelder & Sophie Lichtenberg
TEXT Lea Langenfelder
GESTALTUNG Xenia Fastnacht
ÜBERSETZUNG ENGLISCH Sarah-Lina Mantler
TRANSKRIPTION Ila Mägdefrau
LEKTORAT KORREKTUR
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